WIFO und IHS prognostizieren für 2023 Stagflation
Trotz aller pessimistischen Untertöne, die täglich erklingen, muss klargestellt werden, dass sich die österreichische Wirtschaft auch im 1. Halbjahr 2022 noch in einer Phase der Hochkonjunktur, die bereits im Herbst 2020 begonnen hatte, befand. Nun setzt jedoch ein Abschwung ein, der gemäß Vorlaufindikatoren kräftig ausfallen wird. Damit dürfte der Konjunkturaufschwung der letzten beiden Jahre jäh enden. Insbesondere die Industrie wird davon massiv betroffen sein - Industrierezession.
Die Konjunktur 2022
Die weitgehende Aufhebung der behördlichen COVID-19-Maßnahmen hat den Dienstleistungssektor und insbesondere den privaten Konsum zeitweise stark beflügelt. Dieser Effekt läuft jetzt aus. Nun werden die dämpfenden Einflüsse des internationalen Umfeldes stärker auf die Gesamtwirtschaft durchschlagen. Einerseits trübt die Abschwächung der Weltkonjunktur den Ausblick für die heimischen Warenexporte und damit für die Industrie und die Investitionen. Andererseits stellen die markant gestiegenen Weltmarktpreise für Rohstoffe, Energie und Intermediärgüter einen negativen Terms-of-Trade-Schock dar. Er hält den inländischen Preisauftrieb hoch und verursacht Realeinkommensverluste, die den privaten Konsum dämpfen. Staatliche Konsumstützungsausgaben wirken dem jedoch entgegen.
Bemerkenswert: Das BIP Österreichs wuchs 2021 um + 4,6%, das BIP 2022 wird um +4,8% zulegen können. Das ist eine der höchsten Wachstumsraten in der OECD (+2,5%) - höher als in der Eurozone (+3,1%), in Deutschland (+1,4%), den USA (+1,6%), der Schweiz (+2,2%) und auch höher als in China (+3,0%)!
Prognoseergebnisse 2022 und 2023
Trotz aller Risiken, wird das reale BIP in Österreich heuer (2022) um +4,8% (WIFO) bzw. +4,7% (IHS) zulegen können. Für 2023 erwarten das WIFO sowie das IHS eine Stagflation (gleichzeitiges Auftreten von hoher Inflation und geringes Wirtschaftswachstum) mit nur geringen Zuwächsen von +0,2% (WIFO) bzw. +0,3% (IHS). Dies war das letzte Mal in den 1970er der Fall (Ölkrise). Profitieren 2022 beinahe alle Wirtschaftsbereiche stark von der Hochkonjunktur, so wird die abflachende Dynamik 2023 insbesondere die Industrie - und hier insbesondere die energieintensive Bereiche treffen. Insgesamt wird für 2023 ein Rückgang für die gesamte Industrie von -2,0 % (WIFO) erwartet.
Getrieben von den hohen Energiepreisen und in Einklang mit der internationalen Entwicklung dürfte die heimische Inflationsrate heuer im Jahresdurchschnitt +8,3 % (WIFO) bzw. +8,5% (IHS) betragen und mit +6,5% (WIFO) bzw. +6,8% (IHS) auch im nächsten Jahr sehr hoch bleiben.
Der Arbeitsmarkt wird von diesen negativen Entwicklungen deutlich weniger stark betroffen sein. Die unselbstständige Aktivbeschäftigung wird 2022 um +2,7 (WIFO) bzw. +2,8 % (IHS) zulegen können. Die Arbeitslosenquote wird auf 6,4% (WIFO + IHS) - nach 8,0% im Vorjahr zurückgehen.
Für 2023 wird eine geringe weitere Ausweitung der unselbstständigen Beschäftigung erwartet (WIFO: +0,5%, IHS: +0,4%). Die Arbeitslosenquote wird voraussichtlich auf 6,7% (WIFO + IHS) im kommenden Jahr ansteigen.
Risiken für die Konjunktur sind weiterhin: Die Nachwirkungen der COVID-19-Krise, der Ukraine-Krieg, der fortgesetzte Preisauftrieb bei Energie, weiterhin, wenn auch abflachende anhaltende Unterbrechungen der Lieferketten und die Straffung der Geldpolitik durch die Zentralbanken. Jeder dieser Faktoren könnte bereits für sich genommen die globale Expansion beeinträchtigen. Im aktuellen Umfeld treten sie jedoch gemeinsam in Erscheinung.
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Ing. Mag. Raimund Kurzmann
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